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null Arbeiten in Zeiten von Corona: «Hallo, könnt ihr mich hören?»

08.04.2020 | COVID-19 | Der nationale Newsroom

Arbeiten in Zeiten von Corona: «Hallo, könnt ihr mich hören?»


 

 

FLASH: «Bundesrat schliesst wegen Corona-Pandemie bis 4. April alle Schulen» (13.03.2020)


FLASH: «Bundesrat erklärt Notstand» (16.03.2020)


FLASH: «32 Milliarden Franken zusätzlich für die Wirtschaft» (20.03.2020)


Seit der Bundesrat am 13. März die Schulschliessungen verkündet hat, sind innert zweier Wochen über 4000 Meldungen zum Coronavirus über den Ticker von Keystone-SDA gegangen. Etwas mehr als die Hälfte davon betraf die Schweiz. Dem Newsticker sind die erschwerten Produktionsbedingungen nicht anzumerken. Der Dienst der Nachrichtenagentur kommt daher wie immer: umfassend, zuverlässig, schnell und präzis. Die Informationen sind verifiziert, Gerüchte und Spekulationen haben keinen Platz.


Hinter den Kulissen geht es allerdings zu und her wie wohl in mancher Redaktion in Zeiten von Homeoffice. «Hallo, hört ihr mich?» - «Ich kann euch nicht sehen!» - «Du musst die Abdeckung der Kamera entfernen.» - Videokonferenzen haben längst einen Teil der Meetings im Sitzungszimmer ersetzt. Mit allen Vor- und Nachteilen und mit zahlreichen Tücken der Technik. Physisch ist man sich zwar weniger nah, dafür gibt es einiges über Inneneinrichtung und Dekorationsvorlieben der Kolleginnen und Kollegen zu erfahren. Und auch «Cat Content» hat plötzlich eine Bedeutung: In einem eigenen Channel auf der Kommunikationsplattform Slack können Mitarbeitende ihre Erlebnisse im Homeoffice-Alltag posten. Neben Selbstporträts mit Masken und Schnappschüssen finden sich hier etliche Stubentiger: fläzend in der Sonne oder als Wächter über das improvisierte Büro im Wohnzimmer. Ein Aquarium mit exotischen Fischen sorgt für zoologische Artenvielfalt im Agenturuniversum.


Praktisch alle Redaktorinnen und Redaktoren arbeiten von zuhause aus. Über VPN sind sie mit dem Redaktionssystem verbunden, per Telefon- und Slack-App sind sie auf dem Handy erreichbar. Ausgenommen vom Homeoffice sind die Inlanddeskerinnen und -desker, der Chef vom Dienst Sport sowie im Wochenturnus jemand aus der Chefredaktion. Für die Desker, die den Input sichten, Aufträge an Schreibkräfte vergeben, mit den Regionalbüros Kontakt halten und Texte redigieren, ist die Arbeit deutlich anspruchsvoller geworden. Kommuniziert wird im Tagesgeschäft vor allem über Slack. Was früher im Büro mündlich im Nu erledigt war, geht nun über mehrere Ecken: Absprachen vornehmen, sich über Themen austauschen, Feedbacks geben. 


Besonders eindrücklich zu lesen ist das Slack-Protokoll während der Medienkonferenzen des Bundesrats. Eine Person ist jeweils im Medienzentrum präsent, um Fragen zu stellen. Die anderen sitzen zu Hause am Bildschirm und koordinieren sich auf Slack. «Wer macht das Quote von Daniel Koch?» - «Ich nehme die Infektionszahlen.» - «Hat schon jemand Amherd zur Mobilmachung?»


Die Bundeshausredaktion macht im Moment Überstunden. Schliesslich finden auch am Samstag Medienkonferenzen statt, und am Sonntag geht der Newsfluss weiter. Doch auch die Regionalbüros sind gefordert: von Schulthemen über ausgelastete Frauenhäuser bis zu abgesagten Festivals. Zudem verfassen sie Hintergrundtexte und Reportagen. Zur gespenstischen Stille in Walliser Skiorten etwa oder zu Gottesdiensten auf Youtube und Folien gegen Viren im Beichtstuhl. Diese Geschichten finden – ebenso wie die reinen Newsmeldungen – reissenden Absatz bei den Kunden: für Online-Ticker, Zeitungen und Radio.


Während im Homeoffice je nach Familiensituation ein Gedränge herrscht, ist der Newsroom im Berner Wankdorf nahezu verwaist. Wo sich noch vor Kurzem die neuen Zürcher Kollegen von Bild- und Sportredaktion eingerichtet haben, sind die Plätze jetzt leer. Es gibt keinen Stau mehr an der Kaffeemaschine und keinen Stau auf der Autobahn. Wer kann, reist deshalb mit dem Auto an. In der Garage stehen nun Autos mit Kennzeichen aus Basel, Glarus, Zürich und weiteren Kantonen. Die letzten Zugpendler sind derweil ganz euphorisch, weil sie meist einen ganzen Wagen für sich allein haben. Wie die Schul- und Ladenschliessungen, wie Homeoffice und Videokonferenzen ist auch das eine Tatsache, die noch vor Monatsfrist kaum jemand für möglich gehalten hätte. «Die Nachfrage im öffentlichen Verkehr ist gemäss SBB 80 bis 90 Prozent zurückgegangen», ist in der Meldung zu lesen, die am 2. April um 12.41 Uhr über den Ticker gelaufen ist.
 

Nicole Meier
Chefredaktorin der deutschsprachigen Redaktion der Keystone-SDA

 

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Lesen Sie hier die weiteren Beiträge :
 

Federico Bragagnini
Rédacteur en chef de la Rédaction française de Keystone-ATS
 

Nicolà Wenger
Caporedattore della Redazione italiana di Keystone-ATS